Donnerstag, 8. Oktober 2009

9. und 10.10.2009 - Letzter Estlandtag, Privatschule und Rückkehr

9.10.2009

Am Vormittag hatte ich die Gelegenheit, an der Schule von Angelika zwei Stunden zu halten und ein wenig die Bedingungen hier zu sehen. Es handelt sich dabei um eine Privatschule, die Rocca al Mare, wo die Eltern über 2.000 Euro pro Jahr - plus andere Ausgaben - dafür bezahlen müssen. Die Ausstattung ist natürlich sehr gut, wenngleich man sagen muss, dass es nun auch viele andere staatliche Schulen gibt, die mindestens den gleichen Standard haben. Aber sie verfügen über einen eigenen Vortragsraum für 200 Leute (Kino), eine wunderschöne Aula, wo sich die 1.-6.-Klassler bzw. die 7.-12.-Klassler jeden 2. Montag in der ersten Stunde zu einer Besprechung, einem kleinen Konzert, einer kleinen Aufführung, etc. treffen.



Auf dem Foto seht ihr in das Lehrer-Zimmer, wo man sich auf einen Kaffee oder ein Pläuschchen trifft. - Es hinter dem Aquarium, das die Trennwand zum Gang bildet.

Neben der jeweiligen Tür gibt es einen kleinen Glasstreifen, wo man in die Klasse reinsieht. Die Schüler/innen tragen eine Art Uniform, insofern, dass sie schwarze Hose oder Rock anhaben (sollten) und die meisten tragen weiße oder schwarze Hemden, es gibt aber durchaus auch bunte Polo-Shirts zu sehen.

Der Gehalt der Lehrer/innen ist höher als bei staatlichen, der Aufwand nach ihren Aussagen auch, und es gibt nach einem Feedbacksystem durch die eigenen Lehrer/innen, die in der Klasse unterrichten, und die Eltern für das Klassenvorstands-Duo noch eine Prämie, die sich die beiden nach ihrem Ermessen teilen.

Ich habe hier zwei Stunden für eine 10. Klasse mit 7 Leuten gehalten - Österreich, ein Lied, etwas Literatur - zwei angenehme Stunden, aber nicht wirklich anders als in den anderen Schule, an denen ich unterrichtet habe.

Der Hausmeister brachte mich dann wieder die paar Kilometer zurück nach Tabasalu, wo es mit der 9. Klasse galt, Palatschinken zu machen. Der Haufen war für die Gruppe zu groß, weshalb wir noch den Direktor und seine Sekretärin einluden.








Dabei gab es ein paar Worte des Dankes auf beiden Seiten und die offizielle Verabschiedung.



Und nach zwei weiteren Stunden endete meine Schultätigkeit hier in Tabasalu, die ebenfalls sehr interessant war und mit vielen netten Kontakten verbunden war.

Am Abend traf ich mich noch mit Krista, Lea und Alari im Pub, wo wir ein wenig feierten, bevor es ans Einpacken für morgen ging.



10.10.2009

Um 1/2 5 aufstehen, um 1/2 6 holte mich Krista ab und brachte mich zum Flughafen, wo ich mich von meiner überaus bemühten und für mich bestens sorgenden Begleiterin der letzten 14 Tage verabschieden musste. Auch für sie gilt das Gleiche, wie für die anderen. Wann immer sie nach Österreich kommen und sie meine Hilfe oder ein Quartier benötigen - Anruf oder Email genügt. - Danke für alles!!

Pünktlicher Ablug und Landung in München. Kleiner Schrecken in München, als uns kurz vor dem Boarding mitgeteilt wurde, dass sich der Abflug verzögert, weil es technische Probleme mit dem Flugzeug gibt. Diese waren dann nicht mehr zu beheben, weshalb wir zu einer Ersatzmaschine transportiert wurden. Die ganze Prozedur inkl. Gepäck und Catering umladen, Herrichten und Auftanken des neuen Fliegers hatte nur eine halbe Stunde gedauert, weshalb ich fast pünktlich um 12:30 in Wien ankam. Freudiges Willkommenheißen durch meine Frau.

In den nächsten Tagen werde ich meine Erfahrungen noch in Form von Berichten abschließen, kann aber als Resümee auf jeden Fall feststellen, dass sich der pädagogische Aufenthalt absolut gelohnt hat. Ich kann das allen Kolleg/innen nur empfehlen. - Estland ist aber auch so ganz bestimmt einen Urlaub wert!

Mittwoch, 7. Oktober 2009

7. und 8.10.2009 - Theateraufführungen und Ausflug nach Pärnu

7.10.2009

Nach dem Unterricht inkl. Proben am Vormittag fuhren wir mit dem Bus nach Tallinn, Mini-Probe im Nebenraum des österreichischen Lesesaales, dann Besichtigung des schönen Saales und kurzes Instruieren.

Die Veranstaltung hieß "Theater macht Spaß" und es sollten Theaterbeiträge von Grimm, Schiller und Goethe gezeigt werden - interessante Mischung!
Kurz davor wurde mir mitgeteilt, dass ich nicht nur Mitglied der Jury sein sollte, sondern deren Sprecher. Die Jury bestand nämlich aus Vertreter/innen der einzelnen Schulen, entweder Lehrerinnen oder Schüler/innen. Also galt es positive Kritik zu formulieren, denn diese Veranstaltung fand zum ersten Mal statt, und es wäre unangebracht gewesen, die Schüler/innen für ihren Aufwand negativ zu kritisieren. Daher aufbauende Worte finden (schön Kostüme, schön gesprochen, interessante Inszenierung,...).

Die Beiträge waren bunt gemischt, von der 4. bis zur 12. Klasse, von "Aschenbrödel" und "Bremer Stadtmusikanten" bis zu "Die Leiden des jungen Werther", eine Szene aus "Faust" und "Turandot", mit und ohne Musik, bunte Kostüme und in schwarz gekleidete Darsteller/innen, unterschiedlichste Sprachniveaus (Deutschsprachige Gymnasien der 12. Klasse und C-Sprache - Schüler/innen, die erst 2 Jahre Deutsch lernen). Also ein bunter Mix von 9 Gruppen. Auch "meine" Schule schlug sich wacker, wenngleich ich nicht ganz zufrieden war. Aber das "Aschenbrödel" kam gut an und angesichts der Tatsache, dass sie den Text erst vor einer Woche zu Gesicht bekommen hatten und die Schüler keinerlei Bühnenerfahrung hat, war der Auftritt ganz okay.
Und dann durfte ich noch die abschließenden Worte für die Veranstaltung finden.


8.10.2009

Rechtzeitig für den Ausflug nach Pärnu, einem sehr beliebten Urlaubsort der Esten, vielleicht DEM Badeort an der Westküste, verabschiedete sich das grausliche Wetter und es sollte ein wunderbarer Herbsttag mit viel Sonne werden (war auch Zeit - mit etwas Neid hatte ich in den letzten Tagen die Hitzeperiode in Österreich verfolgt).

Krista hatte auch Angelika, die österr. Kollegin von der Privatschule Rocca Al Mare, dazu eingeladen, und so ging es auf der großteils schnurgeraden und kaum befahrenen Hauptstraße 150 km Richtung Meer.

Um 11 Uhr statteten wir dem neu renovierten Pärnu Ülejoe Gymnasium einen Besuch ab. Eine Deutschkollegin, Eevi Palu, sie ist Stellvertreterin und eine gute Bekannte von Krista, empfing uns bei Kaffee und zeigte uns anschließend ihre schöne Schule. Wieder einmal zu bemerken ist, dass sehr viel Geld in die Bildung fließt - sehr viel Geld, denn die Ausstattung ist auch hier bestens.

Nach dem Mittagessen in der Mensa hatten wir einen Termin im Schulpsychologischen Zentrum von Pärnu. Die Bestätigung dessen, was ich schon gehört und erlebt hatte: Hier arbeiten 8 Psychologinnen und einige Sozialarbeiterinnen. Sie sind für 6000 Schüler/innen zuständig, was eine Quote von 1:750 macht. Davon können wir nur träumen. D.h. dass für jede größere Schule eine Psychologin zuständig ist und auch praktisch ständig anwesend ist. Dazu gibt es noch eine Sozialarbeiterin, die das Bindeglied zu den Familien bildet und dort hilft, wo die Schule nicht mehr einwirken kann. Dass es an jeder einen Arzt oder eine Ärztin bzw. zumindest eine Krankenschwester gibt, habe ich schon erwähnt. Na, und da sind noch einige Sonder-pädagoginnen tätig. Zusätzlich zu teilweise kleinen Gruppen macht sich das natürlich in mehrfacher Hinsicht bezahlt - sozial, leistungsmäßig, gruppendynamisch,....
Während zu den Hauptprobleme in Österreich (v.a. Wien) der teilweise hohe Anteil von Migranten (bzw. deren unzureichender Umgang und in der Vergangenheit vernachlässigte [Sprach-]Förderung) und die erhöhte Gewaltbereitschaft an einigen Schulen gehören, so sind es hier soziale Probleme. Teilweise sind sie bedingt durch die krasse Einkommensschere, weshalb viele Eltern ihre Kinder in Estland bei den Großeltern oder auch alleine zurück lassen, um für Monate in Finnland Geld zu verdienen. Auch Schwangerschaften von Schülerinnen kommen vermehrt vor. Diese werden aber z.B. dermaßen unterstützt, dass man hier etwa eine Klasse ins Leben gerufen hat, in der 15 junge Mütter ihren Abschluss abolvieren konnten - flexiblere Unterrichtseinheiten, auch am Abend, etc. - Bei uns möchten manche Direktoren, dass sie die Schule verlassen!!

Nach diesem 1 1/2-stündigen Erfahrungsaustausch führten und Eevi und Vaike noch durch Pärnu, und so konnten wir ein wenig von dem Charme, den diese 40.000-Einwohner-Stadt versprüht, mitbekommen. Wir flanierten durch die Fußgängerzone, sahen die wichtigsten Gebäude, besuchten das Stadtmuseum und wanderten dann zum Meer, wo es einen eigenen Frauenstrand gibt. Und tatsächlich ging eine alte Dame baden - ca. 8 Grad heraußen!










Wir kamen erst um 8 Uhr abends zurück, wurden bei Krista noch zu einer kleinen Jause und einem Gläschen Wein eingeladen und fuhren dann mit dem Mini-Bus zurück nach Tabasalu. Danke für den schönen Tag!

Montag, 5. Oktober 2009

5. und 6.10.2009 - Proben und Ausstellungseröffnung

5.10.2009

Ein normaler Schultag. Österreich-Arbeitsblätter und -plakate, Texte zur "Weißen Rose", Musik von Christina Stürmer mit Textstudium, ....

Für zwei Stunden kam eine andere österreichische Kollegin zu uns, und in zwei Klassen probten wir für Mittwoch. Leider musste ich eine Gruppe aus dem Programm nehmen, weil es sich zeitlich nicht ausgeht. Außerdem haben einige Basketballmatch, Gesangsproben, Tanzveranstaltung,.... Es wäre ein zu großes Risiko gewesen, sie zu unvorbereitet auf die Bühne zu schicken. Das wollte ich ihnen nicht antun, daher wird es nur eine Gruppe geben. - Näheres am Mittwoch.

Am Nachmittag Lauf mit heftigem Gegenwind und am Abend ein Date mit dem jungen IT-Kollegen, der im gleichen Haus wie ich wohnt. Ich habe in zu einem Abendessen in meine Wohnung eingeladen (erster Besuch siet 3 1/2 Wochen) und danach machte er mich noch bis 23 Uhr mit dem Nachtleben von Tabasalu bekannt.


6.10.2009

In einer Freistunde zeigte mir einer der Sportlehrer die Möglichkeiten, die die Schüler/innen hier haben. Die Ausstattung ist ein Traum: Sporthalle, Gymnastikraum (so groß wie unser Turnsaal), Fitnessräume, Schwimmbad, etc.

Eine Englisch-Lehrerin bat mich, meine PowerPoint-Präsentation in der 2. Freistunde, die ich habe, auf Englisch zu zeigen, was ich auch gerne tat.

Danach Internet-Quiz über Österreich, Quiz, Plakate, Steckbriefe auf Deutsch, etc.

Am Nachmittag kutschierte mich der Hausmeister nach Tallinn, wo ich einer Einladung der österreichischen Botschafterin folgte. In der Nationalbibliothek gab es eine Ausstellung einer österreichischen Künstlerin.

Im Anschluss daran besuchte ich mit der österreichischen Kollegin noch das Okkupations-museum, das sich mit der schwierigen Zeit der fast 50-jährigen Besatzung durch die Sowjets beschäftigt. Es ist schlimm zu sehen, wie einem Volk, das in den 20er- und 30er-Jahren erstmals seine junge Unabhängigkeit genossen und einen Platz in der Staatengemeinschaft gesucht hat, jegliche Identität wurde. Auf den Archivaufnahmen sieht man z.B. einen Frauenchor, der nicht so wie früher estnische Volksweisen, sondern Lobeshymnen auf Stalin singt: "Oh Stalin, großer Führer, wir lieben dich, wir bringen deine Ernte sicher heim,...."

Eine dazu passende Geschichte aus dieser Zeit: Nachdem die Kornblume die Nationalblume der Esten ist, hat man beim ersten Sängerfest im Jahr 1969 natürlich Unmengen davon für Dekorationszwecke verwenden wollen. Allerdings bestanden die Russen darauf, dass sie nicht blau sein durften, sondern rot, weshalb alle Kornblumen rot angesprayt werden mussten.

Danach noch ein Abendspaziergang und Essen in der Altstadt. Rückfahrt mit einem Minibus, von denen hier viele unterwegs sind und einen Teil des öffentlichen Verkehrs abdecken.

3. und 4.10.2009 - Ausflug an die Westküste und Sturm

3.10.2009


Am Vormittag konnten meine österreichischen Kollegin und ich die Comenius-Gruppe zu einem Ausflug an die Westküste begleiten. Haapsalu war schon im Mittelalter von Bedeutung, weil Bischöfe ihren Sitz hier hatten, weshlab man das 100 Einwohner zählende Dörfchen kurzerhand zu einer Stadt erhob, weil es einem Bischof nicht zuzumuten war in einem Dorf zu residieren.







War das Wetter bei der Abfahrt noch nicht besonders gut, so zeigte sich schon bald blauer Himmel und die Sonne ließ die bunten Herbstfarbe der Bäume besonders gut zur Geltung kommen. Zu Beginn besuchten wir noch das Museum von Ilon Wikland, die 30 Bücher von Astrid Lindgren (u.a. Karlsson vom Dach) illustrierte.







Ich machte einen kurzen Abstecher zum Meer, von wo man einen schönen Blick auf die Kuranstalt und verschiedene Kurhotels hat. Obwohl noch immer ein bedeutender Badeort Estlands, ist der ehemalige mondäne Flair verloren gegangen, wie man den Häusern rundherum erkennen kann. Aber 50 Jahre Besatzung sind eben nicht spurlos vorüber gegangen, es braucht noch Zeit.


Anschließend hatten wir eine Führung, wo uns die Geschichte Haapsalus und besonders der Bischofsburg näher gebracht wurde. Vom Wehrturm aus gab es einen schönen Blick auf die kleine Stadt. In der schlichten Domkirche hörten wir die Sage von der weißen Frau, die
in Augustvollmondnächten noch immer am Fenster erscheint und viele Einheimische und Touristen anzieht: Ein Domherr hatte einst, obwohl nicht erlaubt, seine Geliebte als Chorknabe eingeschmuggelt, was nicht lange unentdeckt blieb. Die Folgen waren fatal, um nicht zu sagen, letal. Er wurde zu lebenslangem Kerker verurteilt, sie mauerte man bei lebendigem Leib in die Kapelle ein. Aber nachdem sich die Liebenden ewige Treue geschworen hattten, erscheint der Geist der der Unglücklichen noch immer am Fenster. Unromantische Menschen führen das auf eine Reflexion des Mondlichtes auf die weiße Mauer im Inneren der Kapelle zurück.







Nach dem späten Mittagessen konnten wir noch einen Abstecher in ein Geschäft machen, wo typische Handarbeiten gemacht werden, z.B. Patchworkdecken und allerfeinste Stickereien, die Schals z.B. müssen durch einen Frauenring gehen und auch die Kleider sind wunderschön.



Den Abschluss bildete ein Blitzbesuch des längsten überdachten Bahnsteigs von Nordeuropa, der die imposante Länge von 216 Metern aufweist. Nachdem der Badeort besonders bei reichen Leuten beliebt war und auch der russische Zar Anfang des 20. Jahrhunderts dem Charme der Stadt erlag, befahl er den Bau dieses schönen Bahnhofes und einer Bahnlinie bis Haapsalu. Deshalb entstand der prachtvolle, mit Holz überdachte Bahnsteig, der es dem Zaren und seinen Begeiter/innen erlaubte, trockenen Fußes in seine bereit stehenden Fahrzeuge draußen zu gelangen.

Die Einladung zum Abendessen mit der Gruppe lehnte ich ab, weil ich nach 4 Stunden nicht schon wieder essen wollte. Stattdessen stand ein Abendlauf am Programm, danach das Studium des Helsinki-Reiseführers, denn ich wollte am SO der finnischen Hauptstadt einen Kurzbesuch abstatten.


4.10.2009

In der Nacht hatte es heftig geregnet und gestürmt, aber am Morgen sah es etwas besser aus und auch die Sonne kam ab und zu durch. So fuhr ich mit Alari, dem jungen IT-Kollegen der Schule, der an der UNI einen Kurs hatte, nach Tallinn. Er setzte mich beim Hafen ab, wo ich leider erfahren musste, dass die Fähre aufgrund der heftigen Sturmwarnung (mit Spitzen bis 150 km/h) nicht fahren würde. Also wieder mit dem Bus zurück in die Wohnung.

Von der Stadtmitte in Tallinn ist man übrigens in 15 Minuten in Tabasalu, wo es entlang der Küste auch sehr viele Villen gibt, die den Reichen gehören - Leuten, die durchaus Euro-Millionäre sein dürften. Zumindest sehen die Häuser danach aus.

Den Sonntag verbrachte ich also mit Arbeiten für die Schule und Theater. Das Laufen musste ich aufgrund des grauslichen Wetters (Wind, kühl, Regen) auf morgen verschieben.

Donnerstag, 1. Oktober 2009

1. und 2.10.2009 - Lehrerinnen-Seminar, Lehrer-Schüler-Tag und Comenius-Konzert

1.10.2009

Nachdem meine 25 Stunden, die ich hier halte auf 4 Tage aufgeteilt sind, war heute mein "freier" Tag. Dieser sah so aus: Um 1/9 Uhr in die Schule, um 9 Uhr Probe für das kurze Konzert morgen, wo ich ein paar Lieder mit der Gitarre begleiten werde. Um 10 Uhr fuhren wir nach Tallinn, wo um 11 Uhr das Treffen der Kontaktlehrerinnen für Deutsch begann - wieder in der Nationalbibliothek. Um 12 begann dann unser Seminar, das abgesehen von einer kurzen Mittagspause bis 16:30, also fast 4 Stunden dauerte. Es ging wie in Elva um praktische Tipps für den (Deutsch-)Unterricht - viele Spiele und Übungen.






Auf dem Foto seht ihr mich inmitten der Damenriege.

Wie ihr euch vorstellen könnt, war es echt lustig und die estnischen Lehrerinnen haben alles mitgemacht und waren mit Feuereifer bei der Sache.



2.10.2009

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der Ankunft der Comenius-Gruppe. Am Vormittag ging es in der Schule ziemlich rund, da der Lehrer-Schüler-Tag war, was hier bedeutet, dass die Schüler/innen der 10.-12. Klassen den Unterricht bis 1/2 1 übernehmen. Die Lehrer/innen durften sich in der Zwischenzeit einen alten russichen Film ansehen und fuhren dann mit den 12.-Klässlern zum Bowling.







Eine Delegation von 4 Leuten traf sich um 11 Uhr mit den Lehrer/innen aus LUX, F, I, D und PL (darunter 2 Männer) beim Parlament, wo wir eine kurze Führung hatten. Wunderschöne Sitzungs- und Amtsräume, die im Schloss untergebracht sind.

Anschließend ging es zurück zur Schule, wo ich bei einem kleinen Begrüßungsakt drei deutsche Lieder mit der 9. und 6. Klasse beisteuern durfte, was durchaus gut ankam. Bei einem wurden sie aufgefordert mitzumachen. Eines der dargebotenen Lieder war das bekannte "Aita mööda saata öö" (Gib des Bandl....), was ich schon fließend aussprechen kann. Anschließend gab es noch ein paar Gedichte und zwei kurze Lieder der ganz Kleinen.

Nach dem Mittagessen in der Schule hatte die Gruppe eine Schulung, während ich mit Krista einen kurzen Ausflug in die Umgebung machte, weil es relativ schön war.


Die Brücke mit den Schlössern dran ist ein traditioneller Ort, wo jungverheiratete russische Pärchen hinkommen, um ihre Liebe auf diese Weise kundzutun.

Kurz danach ein Wasserfall mit 60 Meter Breite und 5, 6 Metern Höhe - für estnische Verhältnisse ein Wahnsinn.

Im Restaurant "Zur alten Mühle" gab es am Abend in sehr nettem Ambiente einen ausgezeichneten gegrillten Lachs zu essen. Der Rest des Abends gestaltete sich von selbst - es kam zu einem anregenden Erfahrungs- und Gedankenaustausch mit den Kolleg/innen aus insgesamt 6 Staaten. - Ja und wie es so ist. Gerade, als es lustig wurde, bat man uns zu das Lokal zu verlassen. Aber es war schon Zeit - immerhin war es schon 22 Uhr.

Mittwoch, 30. September 2009

29. und 30.9.2009 - Schulalltag

29.9.2009

Heute standen wieder Lieder, Spiele, das Theaterstück "An allem ist die Katze schuld" und eine Powerpoint-Präsentation am Programm, also nichts Spektakuläres. Damit die werten BLOG-Leser/innen (und Kommentarschreiber) nicht den Eindruck hätten, es gäbe nur Mädchen an diesen Schulen, hier der Beweis. Auf dem Foto seht ihr die sehr kleine Gruppe einer 10. Klasse, die erst seit 4 Wochen Deutsch lernt. Wie unschwer zu erkennen ist, bezeugen sie mir gerade, wie sehr sie den Unterrich bei mir genießen.


In einer Freistunde konnte ich mich von der guten Ausstattung der Schule überzeugen. Eine schöne Bibliothek, in der eine pensionierte Lehrerin arbeitet, moderne Küchen und Werkräume, ein Medienraum mit interaktiver Whiteboard, die aber praktisch nicht genutzt wird, etc.

Anschließend war ich dabei, wie Krista eine Stunde für die Kinder der 1. Klasse hielt, eine kleine Gruppe 7-Jähriger, die den sog. Deutsch-Zirkel besuchen. Es war sehr interessant zu sehen, wie motiviert und spielerisch die Kleinen an die Sprache rangehen, und man fragt sich zwangsläufig, wo der Knackpunkt für das in den nächsten Jahren ansteigende Desinteresse liegt. Wenn ich in die Gesichter mancher 9.-Klasser/innen sehe, die heuer abschließen, dann kann ich genau lesen, was sie so denken. Dann brachte sie Kleinen hinauf in den Hort, der gratis ist, und wo sie von einer pensionierten Lehrerin, die sich noch was dazu verdient, beaufsichtigt werden.
Krista hat also insgesamt 25 Stunden in 8 Deutschklassen (v. Kl.6-12), 2 Stunden in der Klasse 1 und 2 Stunden im Kindergarten. Über Mangel an Beschäftigung kann sie nicht klagen.

Nach der 4. Stunde gibt es jeden Dienstag eine Lehrer/innen-Versammlung, wo in 15, 20 Minuten die wichtigsten schulrelevanten Dinge besprochen werden. Von den ca. 70-80 Kolleg/innen waren etwa 2/3 anwesend, geschätzte 10% sind männlich, darunter natürlich der Direktor und einer von 3 Stell-vertreter/innen. Auf dem Foto seht ihr, wie ich dem Direktor des Tabasalu-Gymnasiums vor versammelter Lehrerschaft für die Einladung danke, hier tätig sein zu können. Nachdem sich die Lehrer/innen kaum treffen, jede/r hat ja seinen eigenen Raum, während die Kinder oft 20 Minuten am Gangboden sitzen, wissen viele nicht allzu viel voneinander. Der Kaffeeraum ist praktisch immer leer und wird nur für kurze Infos genutzt, Alle zusammen sehen sie sich nur bei offiziellen Anlässen und bei den Viertelskonferenzen, weil das Schuljahr hier in vier Teile gegliedert ist.


Am Gang können sich die Lehrer/innen und Schüler/innen (von denen doch einige immer zu spät kommen), auf großen Schirmen darüber informieren, wo sie hingehen müssen, ob es Änderungen gibt, welche Klasse was hat, wo die Kolleg/innen gerade sind, etc.

Trotz der eher kühlen Temperatur von 5 Grad ging ich wieder laufen und wurde dabei von einem kurzen Hagelschauer überrascht. Hier am Meer wechselt das Wetter relativ rasch, denn kurz darauf schien schon wieder die Sonne. (Tja, wie im Leben!)

Danach holte mich Krista ab, um mir eine Grundschule (1.-6. Kl.) im benachbarten Vääna zu zeigen, die in einem alten Gutshof beheimatet ist, was nach den Enteignungen von Landgütern in den 20er-Jahren und dann natürlich später in der russischen Besatzungszeit in mehr als 60 Schulen der Fall war. Hier in dieser kleinen Schule würde wahrlich jede Lehrerin gerne unterrichten: Hohe Räume in einem geschichtsträchtigen Ambiente mit Kachelöfen in fast jedem Zimmer, originaler Einrichtung und einer herrlichen Parkanlage - und wenige Kinder pro Klasse.

Am Foto seht ihr z.B. das Zimmer der Lehrerinnen.



30.9.2009

Nachdem am Wochenende 13 Lehrer/innen aus 5 Staaten (Lux, F, PL, D und ?) zu Besuch kommen, wird es für sie ein kurzes "Konzert" am Freitag geben. Jetzt kommen mir meine minimalen Gitarrenkenntnisse zugute, und man hat mich gebeten, bei einem Lied der 6. Klasse zu begleiten, außerdem werden wir noch den "Gewinner-Song" beisteuern, wo die Lehrer/innen dann mitmachen müssen (was sie noch nicht wissen - hähä), und auf der CD mit den estnischen Hits habe ich einVersion von "Help me make it through the night" gehört. Ich habe mir den Text runtergeladen und nun werden wir auch das noch am Freitag zum Besten geben - "Gib des Bandl aus die Haar" - "Help me make it..." und "Aita mööda saata öö", jeweils eine Strophe. Ihr solltet mich mal estnisch singen hören!! Ist schon auf deutsch der reine Wahnsinn, aber erst auf estnisch! - Über möglich Wirkungen,.... gebe ich am Wochenende nach dem Konzert Bescheid.

Außerdem haben wir beschlossen, bei einem Theaterfestival am kommenden Mittwoch mitzumachen. Es gibt zwar keine Zeit zum Proben, aber "No risk, no fun", es gibt nichts zu verlieren. Zuerst muss man den Text (sprachlich und akustisch) aufbereiten, den Spaß hinter den Sketches erkenntlich machen und dann geht es ans Spielen. - Na ja, man wird sehen. - Auch darüber werde ich berichten.

Am Nachmittag fuhren wir dann in die Nationalbibliothek zur Preisverleihung eines Aufsatzwettbewerbes mit dem Namen Perplex. Die Einladung erfolgte von der österreichischen Botschaft und im Anschluss gab es eine kleine Jause.

Anschließend war ich mit Krista und einer österreichischen Kollegen in einer Pizzeria, wo es zum Erfahrungsaustausch unserer Erlebnisse in den bisherigen Wochen kam - willkommene Abwechslung.

Montag, 28. September 2009

27. und 28.9.2009 - Neues Heim und 1. Schultag

26.9.2009 -Fortsetzung


In Kristas Begleitung war auch Lea, eine Grundschullehrerin, die ihr bei verschiedenen Projekten hilft. Zuerst brachten sie mich zum Quartier, einer relativ großen Wohnung in einem alten Wohnblock, der gerade renoviert wird. Ich verfüge nun über einige Zimmer, deren Charme sich aber nicht wirklich entfalten kann, weil bis auf wenige Möbel nichts herinnen ist. Die Wohnung gehört der Gemeinde und ist für Leute gedacht, die auf irgendeine Weise eine Unterkunft brauchen, familiäre Probleme haben, o.ä. Aber es passt so weit, Bad und WC sind da, leider fehlen mit TV und Internet alle Kommunikationsmittel. Aber ich habe mir Lesestoff und Arbeit für das Theater mitgenommen, werde auch weiterhin laufen gehen, und ein paar Mal gibt es Einladungen und Veranstaltungen.

Im Anschluss daran zeigte mir Krista noch ihre Schule, sie ist relativ neu (1985 erbaut) und modern und liegt nur ca. 3 Gehminuten von mir entfernt, was doch sehr vorteilhaft ist. Sie hat einen eigenen Deutschraum, wie so viele Lehrer/innen hier eigene Räume und Klassen haben, wenn es möglich ist. Die Schüler/innen warten dann am Boden sitzend vor den jeweiligen Klassen, wenn die Lehrer/innen essen oder Kaffee trinken waren oder eine Freistunde hatten. Im Raum mit der Bezeichnung "Saksa Keel" (Deutsch) wurde ich auf einem Plakat bereits sehr herzlich willkommen geheißen.

Am Abend war ich dann noch mit den beiden Kolleginnen in einem kleinen Lokal essen. Die kommenden 14 Tage sind schon relativ verplant mit diversen Schulaktivitäten und Veranstaltungen. Näheres dann an den entsprechenden Tagen.



27.9.2009

Die erste Nacht im Wohnblock war doch gänzlich anders als die im abgelegenen Verevi-Motel, wo ich am Wochenende der einzige Gast im gesamten Haus war. Aufgrund der wenigen Möbel hallt natürlich alles viel mehr, auch die Geräusche vom Gang, meine Wohnung, liegt im Erdgeschoß, und von oben sind sehr gewöhnungsbedürftig. So dürfte man die Kinder der Familie im Obergeschoß gestern bis nach Mitternacht dazu genötigt haben, über glühende Kohlen zu laufen - so hat es sich zumindest angehört. Und das Komische daran ist, dass sie das auch gleich am Morgen wieder machen mussten. Zum Glück habe ich vor dem Wegfahren noch die Ohropax eingepackt, was den Lärm doch in eine wohltuendere Distanz rückte. In diesem Block logiere ich, und das Zimmer mit der Decke im Fenster (in Ermangelung eines Vorhangs) ist mein Schlaf- und Arbeitsraum.

Den Sonntag verbrachte ich alleine. Ich bereitete mich auf den Unterricht vor, las, hörte Musik und schrieb schon Teile meines Berichts. Am Nachmittag wurde es sehr schön und ich lief Richtung Meer, das man nach ein paar Minuten erreicht. Die Gegend hier ist doch etwas anders als im Süden, weniger Wald, offener, städtischer. Es gibt ein nettes Wandergebiet, wo man auf dem Kalksteinplateau ein paar Kilometer der Küste entlang laufen kann. Von den Klippen hat man einen wunderbaren Ausblick auf das Meer und Tallinn ist nicht weit weg. Das schöne Wetter nutzte ich dann, so wie viele andere Menschen, um noch einmal hierher zu kommen und die bereits herbstlich wirkende Stimmung zu fotografieren. Das war gut so, denn eine halbe Stunde später kamen Wolken und Wind.

Heute war übrigens noch Waschtag, und Einkaufen war ebenfalls angesagt, weil ich hier ja auch für das Frühstück selber sorgen muss (leider gibt es auch keinen Kühlschrank). Die Supermärkte haben übrigens auch am Sonntag von 9 bis 21 Uhr offen.


28.9.2009

Der erste Schultag verging trotz der 7 Stunden hintereinander relativ rasch und bis auf wenige Ausnahmen sind die Schüler/innen auch hier recht nett und freundlich. Wie in Elva ging es in den ersten Einheiten einfach ums Kennenlernen und Spielen.

Freitag, 25. September 2009

25. und 26.9.2009 - Abschied und Übersiedelung

25.9.2009

Die letzten Stunden habe ich zum Singen und Spielen in den Klassen verwendet. Als ich mit den beiden Deutschkolleginnen nach der 5. Stunde im Schülercafe saß, kamen reihenweise Schüler/innen herein, um sich persönlich zu bedanken und zu verabschieden, was ich als überaus nett und wertschätzend empfand. Auch der Verabschiedung der Kolleginnen, mit denen ich am meisten Kontakt hatte, war sehr herzlich und so gar nicht "estnisch" zurückhaltend, denn sie drückten mich alle liebevoll ans Herz. Dem Direktor sprach ich noch einmal meinen herzlichen Dank aus für die Einladung und die Möglichkeit des Unterrichtens an seiner Schule. - Es war eine schöne und bereichernde Erfahrung! - Danke an alle!

Auf jeden Fall fahre ich mit 2 Kaffeehäferln, einem Buch über Estland, einem Schul-T-Shirt, einem USB-Stick, einer CD mit den estnischen Top-Hits, einer Flasche Kräuterschnaps und einer Packung Konfekt mehr im Gepäck weiter.


Am Abend war ich dann noch bei Tiiu und ihrer Familie zum Essen eingeladen, wo ich einmal mehr die Gastfreundschaft der Esten erleben konnte.

26.9.2009

Am Vormittag brachte mich Tiius Familie zum Bus nach Tartu, wo wir nach knapp 14 Tagen auf Wiedersehen sagen mussten. Mein Dank gilt besonders auch ihr, denn sie war in allen Stunden in der Klasse, kopierte die Blätter, die ich für den Unterricht benötigte, und fungierte als Übersetzerin, wenn es mal ausnahmsweise auf Englisch auch nicht mehr weiter ging oder zu kompliziert war. Außerdem checkte sie im Hintergrund viele Dinge und organisierte einen Teil meines Freizeitprogrammes.

Nach 2 1/2-stündiger Fahrt kam ich um 13:30 in Tallinn an, wo ich schon von Krista, der für mich zuständigen Lehrerin am Tabasalu-Gymnasium, erwartet wurde.

Donnerstag, 24. September 2009

24.9.2009 - Theateraufführung und Österreich-Plakate

Für heute habe ich eine kleine, gemeinsame Aufführung der 10., 11. und 12. Klasse in der Bücherei organisiert. Leider hatte die 10. Klasse in der 4. Stunde einen Test, weshalb sie ihr Lied den anderen nicht vorsingen konnte, wir haben es aber auf Video festgehalten (s. weiter unten).

Die 11. Klasse spielte den anderen die beliebten "Aschenbrödel"-Geschichte vor, und ein paar Schüler der 12. zeigten gemeinsam mit ihrer Lehrerin "An allem ist die Katze schuld".

Und wenn auch nicht alles glatt ging bzw. nicht jeder Satz verstanden wurde, so war es doch überaus lustig und unterhaltsam.


Vielleicht an dieser Stelle etwas zum Sprachunterricht: Die A-Sprache, also die erste Fremdsprache, was bei den meisten Englisch ist, erlernen sie ab der 3. Kl., die B-Sprache (80% noch immer Russisch, was sie aber auch nach 6 Jahren nicht können) ab der 6. Kl., und wer das Gymnasium besucht, muss noch eine dritte Sprache in der 10. Klasse beginnen.

Für die 6. Klassen, also die absoluten Anfänger der B-Sprache, habe ich heute ein Arbeitsblatt mit einigen wichtigen Fakten über Österreich erarbeitet und dann Plakate erstellen lassen. Das Endprodukt seht ihr auf dem Foto. Bis auf wenige Namen und Dinge, wie Wien, Salzburg, Mozart(kugeln), Schwarzenegger (Terminator) und Red Bull, ev. Berge, H. Maier, weiß man hier nicht zu viel über Österreich, was mich aber nicht weiters erstaunt, denn bei einer Umfrage über Estland würde man bei uns wohl auch nur Schweigen ernten. - Nur ein Junge aus der 7. Klasse kannte alle Schispringer beim Namen. Der Grund liegt darin, dass er einer der besten seiner Altersgruppe in Estland ist (auch in Elva gibt es eine kleine Sprungsschanze) und er "unsere Adler" bei einigen Trainingslagern und Konkurrenzen schon gesehen hat. Seine persönliche Bestleistung liegt bei 130 Metern!

Es ist wirklich interessant, wie schnell einem manche Klassen ans Herz wachsen, und es stimmt, so blöd das auch klingen mag, ein wenig Wehmut mit, von dieser Schule Abschied nehmen zu müssen. Ich erhielt viel positive Resonanz von den Schüler/innen und es war schön, sie ein ganz kleines Stück ihres Schulweges begleiten zu dürfen.

So, bevor es zu pathetisch wird, ein kleine Geschichte über die älteste Lehrerin an der Schule. Nachdem die Bezahlung trotz der wirklich guten Ausbildung und des vorbildlichen Einsatzes der Kolleg/innen nicht besonders gut ist, gibt es in manchen Gegenden Estlands, vornehmlich am Land, Probleme, Lehrer/innen für bestimmte Fächer zu finden. Der Staat lockt, so wie bei uns früher, junge Kolleg/innen mit einer Prämie an, damit sie in diese Gebiete kommen. Sie erhalten 14.000 Euro, die Hälfte davon im ersten Jahr, den Rest in den beiden darauf folgenden. Und manche Lehrer/innen entscheiden sich, auch über das normale Pensionsalter hinaus, weiter in der Schule zu bleiben - das machen manche deshalb, weil sie neben ihrem Lehrereinkommen auch noch die Rente beziehen können. Nun zur Elva-Schule: Die älteste Kollegin ist, sage und schreibe, 74 Jahre alt und unterrichtet zu ihrer und auch zur Freude der Kinder immerhin 8 Stunden Estnisch. Dabei ist sie höchst beliebt und auch in den schwierigen 7. und 8. Klassen gerne drinnen. Sie wird als Schuloma verehrt und dürfte sonst ebenfalls eine bemerkenswerte Frau sein, denn sie hat mit 70 den Führerschein gemacht!

Mittwoch, 23. September 2009

22. und 23.9.2009 - Allerlei und Exkursion

22.9.2009


Heute bekam ich endlich eine Gitarre und konnte die 17- und 18-Jährigen mit den einmaligen deutschen "Fegern" und Songs wie "Komm, hol das Lasso raus" und "Ein kleiner Matrose" zum Mitsingen und Mitmachen animieren. Es war einfach ein Spaß zu sehen, wie motiviert sie bei der Sache waren.

Oiso, i find des super! ;-)

Mit der 12. Klasse habe ich "An allem ist die Katze schuld", einen kurzen, schrägen Sketch erarbeitet, und so wird es am Donnerstag gemeinsam mit der 11. und 10. D-Klasse eine kleine Theateraufführung geben, worauf ich schon sehr gespannt bin.

Das Ende der Pausen wird hier übrigens zweimal eingeläutet und zwar mit einer netten Melodie, was ich für durchaus nachahmenswert empfinde. Hingegen durchdrang beim gestrigen Feueralarm ein ohrenbetäubender Ton das Schulgebäude. In diesem Fall mussten sich alle Schüler/innen draußen bei ihren Lehrer/innen klassen- und gruppenweise versammeln, was äußerst gut funktionierte. Später stellte sich heraus, dass es kein Probe-, sondern ein falscher Alarm war, der von einem Schüler ausgelöst worden war. Der Direktor war ziemlich wütend, weil die Schule für das unnötige Ausrücken der Feuerwehr bezahlen muss.

Apropos Pause: Ich habe schon geschrieben, dass in drei Etappen gegessen wird. Und das geht wirklich total schnell. Kurz bevor die Pause beginnt, stellt das Küchenpersonal das Essen auf die Tische, die Kinder wissen, wo sie sitzen, und so sind sie meistens nach 10 Minuten schon wieder fertig. Es ist übrigens gratis und auch Lehrer/innen machen von dem staatlich kontrollierten und nach einem Ernährungsplan abgestimmten Essen Gebrauch. Am Ende tragen alle ihr Geschirr zurück und gehen wieder in die Klassen.

Das System der sog. E-Kool, der E-Schule, des elektronischen Klassenbuches wird hier, wie bereits in der Mehrheit der estnischen Schulen, schon seit Jahren eingesetzt. Gab es anfangs wie überall Widerstände und Zweifel in der Lehrerschaft, so sehen es heute die meisten Kolleg/innen doch als sehr sinnvoll an. Es entfällt die Schreiberei im Klassenbuch, das oft nicht auffindbar ist. Voraussetzung ist aber in jeder Klasse ein Computer, wo man sich im System einloggen muss. Die unterrichtenden Lehrer/innen können nun entweder gleich bzw. auch zu Hause die Fehlenden, den durchgenommenen Stoff, die Hausaufgaben und ev. Prüfungen, Termine, etc. eintragen. Die Eltern haben (ebenso wie die Kinder und Jugendlichen selbst) die Möglichkeit, sich über die Leistungen ihrer Sprösslinge Informationen einzuholen, was HÜ ist, ob sie in der Schule waren, usw. Natürlich werden jetzt manche sagen, ja, aber die Eltern, die nicht wollen, erreicht man nicht.... Das stimmt natürlich zum Teil, aber vielleicht schauen manche doch rein, und interessierte Eltern können sich so auch abgesehen vom Sprechtag ein Bild über ihr Kind machen.

Am Abend war ich bei Kai, der Psychologin, und ihrer Familie zum Essen eingeladen. Die Küche unterscheidet sich übrigens, wie vielleicht schon erwähnt, nur sehr wenig von unserer und der deutschen, die bedingt durch die Geschichte einen starken Einfluss auf die estnische hatte. So sind Blutwurst, Schweinsbraten und Schnitzel ganz bekannte und beliebte Gerichte. Bei ihr gab es kalte Küche mit kleinen Häppchen - und zu meiner Überraschung auch eine Einladung in die Sauna. Später kamen noch die Geschichtslehrerin und deren Mann zu Besuch und es entwickelte sich ein interessantes Gespräch über das Elva-Gymnasium und das estnische Schulsystem an sich. Den 10-minütigen Heimweg trat ich bei leichtem Nieselregen (laut Reiseführer gibt es hier zw. 160 und 180 Regentage pro Jahr - was bin ich doch für ein Glückspilz) zu Fuß an, weil die Esten eine 0,0-Promillgrenze haben, und sich die Leute, auch aufgrund hoher Strafen, strikt daran halten - zumindest diejenigen, mit denen ich Kontakt hatte. Einer der Gäste erzählte zum Beispiel, dass er bei einer Kontrolle einmal 0,09 hatte, also zu viel, und dafür 1500 Kronen (ca. € 110,-) zahlen musste.


23.9.2009

Der heutige Tag war mit einer ganztägigen Exkursion der äußerst netten 12. Klassen, die ich begleiten durfte, ausgefüllt. Die Hälfte der Kosten übernimmt die Schule.

Wir fuhren zuerst zu einem abgelegenen Bauernhof namens Tammsaare in Mittelestland .
Dort war der hier in Estland sehr berühmte Schriftsteller Anton Hansen aufgewachsen, später fügte er seinem Namen noch das Tammsaare hinzu, unter dem er dann auch berühmt wurde. Sein bekanntestes Werk, das auch alle Schüler/innen zumindest teilweise lesen müssen, heißt "Wahrheit und Gerechtigkeit" und gliedert sich in 5 Bände. Hansen beschreibt das harte bäuerliche Leben anfangs des vorigen Jahrhunderts, über die Feindschaft mit Nachbarn, die Sorge um eine Nachfolge, weiters über das Schulleben, die russische Revolution, das Leben in der Stadt und die Rückkehr auf den Bauernhof, aber auch über die Liebe, die Natur, Gott und die Welt. Im Museum kann man auf den Spuren der damaligen Zeit wandeln. Es sieht so aus, wie auf den Bauernhöfen bei uns vor etwa 100, 150 Jahren.

Auf dem Foto seht ihr eine typische Dorfschaukel, wie sie auch heute noch zu finden sind, die für die Burschen der 12. Kl. eine willkommene Abwechslung darstellte.




Beim 2. Teil, es stand eine Molkerei bzw. ein Milchmuseum am Programm, zog ich das Kaffeehaus vor, weil ich den Geruch nicht aushalte.



In den Gesprächen mit den beiden Begleitlehrerinnen bzw. aus dem englischen Estlandbuch erfuhr ich folgende interessante Dinge: Wie bereits berichtet, lieben die Esten das Singen, auch viele junge Leute sind in einem Chor. So wurden auch in der Okkupationszeit der Russen (auf die niemand, den ich getroffen habe, gut zu sprechen ist) die alten Lieder beibehalten, wobei viele davon verboten waren. Lobpreisungen des Kommunismus waren angesagt. Ein Kuriosum am Rande: Beim 100-jährigen Sängerfest 1969 mussten alle Kornblumen (Nationalblume der Esten) umgespritzt werden - die Russen befahlen, dass sie rot sein mussten. Kein Wunder also auch, dass 1988 der Keim zur Unabhängigkeit bei einem Sängerfest gelegt wurde, als es zur größten Massenveranstaltung in Estland kam. 300.000 Menschen (1/3 des Landes) versammelten sich und sangen die eigenen Lieder. Dies fand als "Singende Revolution" Einzug in die Geschichtsbücher des Landes. Aber erst im Aug. 1991 war Estland dann endgültig frei.

Apropos Russen: Vor dem 2. Weltkrieg war der Anteil der Esten im Land bei 88%, er sank während der Integration ins Sowjetregime auf unter 60% (bedingt durch Deportationen auf der einen Seite und aggressive Besiedelungspolitik durch russische Arbeiter im Land) und heute hält man bei etwa 80%.

Zum Schluss der heutigen Estlandnachhilfestunde vielleicht noch ein Detail am Rande, was die Sprache betrifft: Im gesprochenen Estnisch gibt es 45% Vokale! Die Sprache wirkt daher relativ melodiös.